• Nordex, attraktiver Mittelstand
    © Douglas Barnes/Nordex

Attraktiver Mittelstand

Gegen die verordnete Zinsarmut in Europa gibt es eine plausible Abhilfe: Von Investments in den deutschen Mittelstand profitieren Unternehmen und Anleger gleichermaßen.

Perfektion ist angesagt, wenn riesige Rotorblätter gefertigt werden. Und das sind bei Nordex viele. Der Mittelständler hat Werke in Deutschland, Spanien, Brasilien und Indien. Seine Anlagen der Zwei- und Drei-MegaWatt-Klasse sind überall, speziell in Schwellenländern gefragt. 6150 wartet die Rostocker Nordex-Gruppe auch, das sind zwei von drei der installierten Kapazität von 21 Gigawatt Windkraft. Finanziert wurde das beachtliche Wachstum unter anderem durch eine 275-Millionen-Euro-Anleihe mit einem zertifizierten Green Bond. Der respektable Kupon von 6,5 Prozent wird seit der Ausgabe 2012 halbjährlich bedient.

Nordex ist nur eines von vielen Vorzeigeunternehmen aus dem deutschen Mittelstand. Und die hochverzinste Anleihe nur eine aus einem Universum von 183 Milliarden Euro, die von deutschen mittelständischen Unternehmen am Kapitalmarkt platziert werden. Ebenso wie die Aktien aus diesem Segment liefern sie noch ordentliche Erträge, weil sie erfolgreich, aber weitgehend unbeachtet sind. Fast jeder zweite Weltmarktführer (48 Prozent) von ausgefeilten Zulieferprodukten und Dienstleistungen stammt aus dem deutschen Mittelstand. Zählt man deutschland- oder europaweite Nummer-1-Positionierungen dazu, sind es noch weitaus mehr. Hochgradig spezialisiert macht ihre Vielfalt und fleißige sowie disziplinierte Arbeit Deutschland zum Exportweltmeister.

Geheimtipp: Aktien und Anleihen aus dem deutschen Mittelstand

Doch es fehlt an Lobbyarbeit. Der Mittelstand wird zwar von Regionalpolitikern überschwänglich gelobt, die rundweg positiven Analysen zu seinen Verdiensten finden aber wenig Nachhall in den Leitmedien. Kaum einer kennt die großen Mittelstandsstudien der Commerzbank, DZ Bank oder des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands. Und auch die Fonds, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben, sind nach wie vor Geheimtipps.

Saubere Arbeit und erfreuliche Renditen locken aber zunehmend Anleger, die sich sonst nur für die große Industrie interessiert haben. Speziell institutionelle Investoren, Vermögensverwalter und Family Offices wurden auf dieses Segment aufmerksam, da sie im normalen Kapitalmarkt nicht mehr auf ihre Kosten kommen. Von den gesetzlichen Vorgaben in den Anleihenmarkt gezwungen, schaffen Pensionskassen und Versicherungen kaum mehr den Kapitalerhalt.

Viele Zinsen decken nicht einmal den Kaufkraftverlust

Alles was nur 1,75 Prozent liefert, ist aber nach Inflation ein Nullsummenspiel. Mittelstandsexperte Michael Burmann sieht eine verkehrte Welt: „Man muss sich fragen, ob Anleihen mit einem solchen Kupon das Rating ‚Investment Grade’ wirklich verdienen“, sagt der Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Werte Invest. „Es fehlt ein Zinspuffer. Ohne ernsthafte Risikoprämie kann kein Anleger ein Portfolio risikominimiert durch Ausfälle und Kursverluste manovrieren. Im Mittelstand gibt es sie noch – als Ausgleich für die eingeschränkte Liquidität der Papiere.“

Mickrige Zinsen auf Staatsanleihen und Bargeld sind für Privatanleger eine heimliche Steuer. Der Tank ist voll, aber der Motor läuft ohne eingelegten Gang nur im Leerlauf – 2,45 Billionen Euro haben deutsche Anleger zur Seite gelegt. Laut Bundesbank bringen Sichteinlagen weniger ein, als die Inflation wegknabbert. Außerdem hat sich die europäische Politik offenbar aufs Zinsdumping eingeschworen. Das Geld der Bürger wird weiterhin verramscht.

Im Mittelstand ist Geld noch etwas wert

In scharfem Kontrast: der Mittelstand. Hier kann die Entwertung von Kapital nie richtig Fuß fassen. Wie auch? Wer seine Lebensleistung in Geld umgemünzt hat, mit dem er das eigene Unternehmen ins Laufen gebracht hat und am Laufen hält, kann nicht sorglos mit Vermögenswerten umgehen. Er würde sich ins eigene Fleisch schneiden. Das Geschäftsmodell „Mittelstand“ ist vielfältig. Es setzt auf die Langlebigkeit und Unabhängigkeit eines inhabergeführten oder eigentümerdominierten Unternehmens und vereint den Handwerker um die Ecke, das Architektenbüro und internationale Konzerne wie Porsche, Bosch und Würth. Klein und groß bestimmen nur darüber, ob und wie viele Fremdmittel für den Ausbau der Geschäfte nötig und willkommen sind. Traditionell sind Familienunternehmen aber eher spröde, sie scheuen auch die finanzielle Abhängigkeit.

Ihre Selbstbestimmung schließt zudem Werte der Gegenseitigkeit und des Vertrauens ein. Das gilt im engeren Kreis der Partner und Familie, im weiteren Kreis der Beschäftigten, deren Loyalität man sich oft durch Zusatzleistungen oder gutes Gehalt sichert, bis zum Kreis der Lieferanten und Abnehmer. All das ist konzeptionell der krasse Gegensatz zum Silicon-Valley-Modell, das gleichwohl die Medien hochjubeln. Zu Unrecht, wie André Pahnke und Frederike Welter feststellen. In einem Working Paper für das Institut für Mittelstandsforschung (IMF) vergleichen sie Vor- und Nachteile der beiden Modelle – in ihren Worten Orangen und Birnen.

Innovationskraft im produzierenden Gewerbe wird unterschätzt

Hauptkritikpunkt ist, dass einzelne schnell wachsende Unternehmen wie Google mit einem breiten Marktsegment verglichen werden: „Würde Google in Deutschland zuhause sein, brächten all seine Mitarbeiter nur 0,14 Prozent der Angestellten hierzulande auf die Waagschale. Die kleinen und mittleren Unternehmen stellen zusammen 60 Prozent der rund 43,6 Millionen Werktätigen in Deutschland.“ Ein anderes Missverständnis betrifft die Innovationsfreudigkeit. Hier geht irrtümlich die Schere auf, weil überhaupt nur fünf Prozent der deutschen KMU in die Community Innovation Surveys (CIS) eingehen. Zudem liefert das Silicon Valley üblicherweise Produkte für Verbraucher. Der Mittelstand dagegen ist aber weiter stark im produzierenden Gewerbe verortet. Dadurch sind „die innovativen und disruptiven Technologien überwiegend Deep-Tech“, schreiben die Autoren. „Sie sind also gewissermaßen in den Produkten und Verfahren anderer Unternehmen versteckt.“

Wichtigstes Merkmal für „die bessere, deutsche Variante“ ist laut IMF „ … dass bis zu zwei natürliche Personen oder ihre Familienangehörigen (direkt oder indirekt) mindestens 50 Prozent der Anteile halten und der Geschäftsführung angehören“. Firmen mit 500 und mehr Beschäftigten oder über 50 Millionen Euro Jahresumsatz gehören zum Mittelstand, solche, die von Großunternehmen kontrolliert sind, nicht. Ob die Unternehmen börsennotiert sind, spielt weder für den Klassenerhalt, noch für das Anlegerinteresse eine Rolle. Gute Chancen finden Anleger bei gelisteten Gesellschaften wie Bertelsmann, CEWE Color, Dr. Hönle, Grenke Leasing, Fuchs Petrolub, Hornbach oder Sartorius ebenso wie bei kleineren Spezialisten wie Ekosem-Agrar, Eyemaxx, MetalCorp, PCC oder SNP AG.

Kreditnot sorgt für Nachschub an attraktiven Zinskupons

Die Wertpapiere aus dem Mittelstand werden zunehmen. Basel III und IV verschärfen die Kreditnot. Bereits im Vorfeld orientieren sich die Firmen um und testen sehr zur Freude der Investoren jede denkbare Alternative. Leasing, Factoring oder Tradefinancing verbessern die Liquidität, dazu kommt Präsenz auf Kreditplattformen wie creditshelf, FinCompare oder Kapilendo. Größere geben Schuldscheine, Anleihen oder Aktien aus. Allein mit Anleihen haben FCR Immobilien, Ferratum, Hörmann, HSV Fußball, Huber Automotive, Behrens, Katjes, Nordwest Industrie, S Immo, Terragon und VST Building bis Ende Juni 2019 eine halbe Milliarde Euro eingesammelt. Bei vier bis sieben Jahren Laufzeit lag der Kupon im Schnitt bei 5,23 Prozent.

Das Bittstellen um Kapital passt auch nicht zur Frühjahrserhebung des Bankenverbandes BVR und der DZ Bank. Seit Start dieser Umfrage vor 22 Jahren habe es noch nie ein so positives Ergebnis gegeben, teilten die genossenschaftlichen Institute mit. Mittlerweile hat sich die Stimmung etwas eingetrübt, doch prall gefüllte Auftragsbücher halten die Stimmung stabil positiv. Acht von zehn deutschen Mittelständlern wollen in den nächsten sechs Monaten investieren, gut ein Viertel Personal aufstocken. Investiert wird nicht in Aktienrückkäufe oder sonstige Schönfärberei und Kurskosmetik. Gediegen und produktiv investieren deutsche Mittelständler in Maschinen und Digitalisierung, in Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern, in Forschung und Entwicklung sowie in den zielgerichteten Aufbau neuer Märkte. Der „Finanzmonitor“ des Kreditmarktplatzes Creditshelf und der TU Darmstadt vom Mai zeigt den Ernst der Lage. „Kleine und mittlere Firmen haben zuletzt eher wenig von der angeblichen Kreditschwemme gespürt“, fasst Professor Dirk Schiereck die aktuelle Situation zusammen. „Sie erwarten auch nicht, bei der Kreditaufnahme von der immer noch anhaltenden Niedrigzinsphase zu profitieren.“ Für Investoren sind das gute Nachrichten. Sie werden weiter gute Renditen erzielen können.

Nachhaltige Analysen

Neue Umwelt- und Sozialvorgaben betreffen alle Unternehmer. Das Analysehaus imug rating hat eine Nachhaltigkeits-Bewertung entwickelt, die Mittelständlern besser gerecht wird.

2019-10-23T14:46:51+02:00
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