• Interview Ekosem-Agrar
    © Ekosem-Agrar AG

Interview EKOSEM-AGRAR

„Wir sind vor Ort die Nr. 1 in der Milchwirtschaft“

„Unabhängig von der Emission prüfen wir laufend Möglichkeiten, unsere Eigenkapitalsituation zu verbessern, fühlen uns aber auch mit der aktuellen Bilanzstruktur wohl.“
Wolfgang Bläsi, CFO Ekosem-Agrar AG

Wolfgang Bläsi, CFO Ekosem-Agrar AG
© Ekosem-Agrar AG

€uro spezial: Mit der dritten Anleihe setzt Ekosem-Agrar den 2012 eingeschlagenen Weg fort. Warum?

Wolfgang Bläsi Weil sich für uns und die Anleger gute Chancen bieten. Russland hat in vielen Bereichen der Landwirtschaft schon die angestrebte Selbstversorgungsquote von mindestens 85 Prozent erreicht. In der Milchwirtschaft bei Weitem noch nicht.

Warum nicht?

Bläsi Weil die Reproduktionsraten deutlich länger sind. Die Zyklen, um eingesetztes Kapital zurückzuerhalten, sind bei Getreide, Hühnern und Schweinen kleiner als ein Jahr. In der Großtierhaltung gehen sie über mehrere Jahre. Erst muss das Kalb heranwachsen, die Färse selbst kalben und selbst dann steht das Tier nur eine begrenzte Zeit als Milchlieferant zur Verfügung.

Nutzen Sie das eingesammelte Kapital dann zur Erweiterung der Herde? Sie haben doch schon 150000 Tiere.

Bläsi Nein, wir werden zwar auch unsere Herde und damit den Bereich Rohmilchproduktion ausbauen. Hierfür ist die Finanzierung über die örtlichen Banken und die staatlichen Subventionen aber deutlich günstiger. Zusätzliche Finanzierungsquellen wie unsere Anleihen am deutschen Kapitalmarkt ermöglichen uns zum einen mehr Flexibilität sowie eine bessere Verhandlungsposition bei lokalen Banken. Außerdem stärkt die Anleihe unsere Möglichkeit, zusätzliche Flächen zu kaufen.

„Unabhängig von der Emission prüfen wir laufend Möglichkeiten, unsere Eigenkapitalsituation zu verbessern, fühlen uns aber auch mit der aktuellen Bilanzstruktur wohl.“ Wolfgang Bläsi

Wie geht es mit der Entwicklung des Unternehmens weiter?

Bläsi Wir sind, was das Volumen angeht, bereits der wichtigste Milcherzeuger in Russland, der rund dreimal so viel Rohmilch produziert wie der nächste Wettbewerber. Weiterentwickeln wollen wir uns deshalb vor allem auch in der Milchverarbeitung und der Vermarktung unserer Produkte.

Ist das nicht eine völlig andere Baustelle?

Bläsi Es ist zweifellos eine andere Herausforderung, aber eine sehr lukrative. Wenn man davon ausgeht, dass der Subventionszyklus nicht unbegrenzt anhält – irgendwann sind die Herden für die erforderlichen Mengen aufgebaut, ist es wichtig, sich in dieser Periode bereits die beste Startposition für die weitere Marktentwicklung zu sichern.

Sind Sie in diesem Bereich bereits aktiv?

Bläsi Ja, aber längst nicht in dem Umfang, der unserem Niveau in der Rohmilch entspricht. Von den rund 2200 Tonnen Milch, die wir täglich produzieren, können wir nicht einmal ein Drittel selbst verarbeiten und noch viel weniger zu Produkten mit einer deutlich höheren Ertragsmarge veredeln.

Was machen Sie bereits?

Bläsi Wir haben vier kleinere Molkereien, in denen wir Joghurt, Quark, Käse sowie frische und haltbare Milch produzieren. Zwei dieser Werke, die wir Ende 2017 erworben haben, werden gerade modernisiert. Wir wollen aber deutlich mehr in Technik, Markenbildung und Vertrieb investieren. Denn die Nachfrage ist schon im Inland riesig. Der Export von Molkereiprodukten bietet dann einen Puffer und zusätzliche Ertragschancen.

Was für Sicherheiten bieten Sie Anlegern? Ihre Geschäfte sind ja in Russland angesiedelt.

Bläsi Richtig – auch wenn die Ekosem-Agrar AG in Deutschland sitzt, sind wir operativ ausschließlich in Russland tätig. Dieser Markt ist für die Milchwirtschaft und -verarbeitung hoch lukrativ. Ein Zeichner investiert in ein fruchtbares Land mit großem Nachholbedarf und stabilem Konsum. Und wir haben den Größenvorteil – eine Herde von 150 000 Tieren bringt Skaleneffekte, die in der europäischen Landwirtschaft kaum zu finden sind.

Sie haben aber ein gewisses Währungsrisiko?

Bläsi Auf den ersten Blick, ja. Allerdings hängt der Rohmilchpreis in Russland von den Preisen importierter Produkte wie Milchpulver, Butter, aber auch Käse ab. Somit führt ein schwächerer Rubel zu steigenden Rohmilchpreisen in Rubel – und wir sind darüber gegen negative Kursentwicklungen abgesichert.

Sie haben eine Schwestergesellschaft an der Börse notiert, warum ist Ekosem-Agrar diesem Vorbild nicht gefolgt?

Weil unser Geschäftsmodell und die kurzfristige Betrachtungsweise an der Börse schwer zusammenpassen. Rinderherden und Milchproduktion in einer Phase starken Wachstums kann man nicht quartalsgerecht optimieren. Wir haben 2018 international 50 potenzielle Lead-Investoren darauf angesprochen. Deren Interesse war groß und Ekosem-Agrar wurde durchweg sehr positiv beurteilt. Aufgrund der sich eintrübenden Kapitalmärkte im zweiten Halbjahr 2018 – speziell im Hinblick auf Emerging Markets – haben wir auf die Umsetzung eines Börsengangs verzichtet. Unabhängig davon prüfen wir laufend Möglichkeiten, unsere Eigenkapitalsituation zu verbessern, fühlen uns aber auch mit der aktuellen Bilanzstruktur wohl.

2019-10-30T10:49:02+01:00
Nach oben