• Raik Hofmann und Martin Wirth, FPM AG
    © FPM AG

Ohne starre Schemata

Langfristig erfolgreich investieren

Die FPM Frankfurt Performance Management AG sorgt dafür, dass institutionelle und private Investoren langfristig erfolgreich in deutsche Unternehmen investieren.

€uro spezial Herr Wirth, ist das Thema deutscher Mittelstand für eine Fondsgesellschaft wie Ihre ein Thema?

Martin Wirth Absolut. Warum nicht? Wir sprechen jedes Jahr mit 50 bis 100 mittleren und kleinen Unternehmen, teilweise mehrmals. Wir beteiligen uns immer wieder an IPOs, sind Partner bei Kapitalerhöhungen. Der deutsche Mittelstand trägt die stärkste europäische Volkswirtschaft entscheidend mit, ist umgeben von einer der weltweit besten Hochschullandschaften, hat Kompetenz im Erobern internationaler Märkte. Und der deutsche Mittelstand ist sehr vielfältig. Hier die besten und aussichtsreichsten Unternehmen zu entdecken, ist immer wieder lohnend. Gerade im Moment sind viele gute Mittelständler nur moderat bewertet, teilweise auch deutlich unterbewertet.

FPM ist selbst eine kleine unabhängige Firma. Wie meistern Sie den Wettbewerb mit großen Fondsgesellschaften?

Wirth Wir werden über unsere Leistung bemerkt, nicht etwa durch unsere Vertriebsstärke oder laute Werbung. Oft waren wir überdurchschnittlich erfolgreich – das war für uns immer die beste Werbung. Und immerhin fünf Mal lagen unsere Fonds im Segment der deutschen Aktien auf Platz 1 von jeweils über 100 Fonds, zuletzt 2017. Aber wichtiger ist, dass wir uns tatsächlich anders definieren als die großen Gesellschaften. Ich denke, man sollte uns nicht als Konkurrenten von DWS, Fidelity oder Blackrock sehen, sondern wir gehen in den Markt mit einem ergänzenden Angebot für Investoren, die Interesse an mehrjährigem Erfolg haben.

Inwiefern eine Ergänzung?

Wirth Was wir tun, machen wir eben anders als große Fonds. Zum Beispiel „streuen“ wir das Kapital nicht nach quantitativen Kriterien über diverse Segmente aus, sondern handeln als echte Stockpicker. Es gibt bei uns kein Investment, das nicht durch sich selbst gerechtfertigt ist, das also auf aufwendigem, individuellem Research und Analysen beruht, die große Gesellschaften so fokussiert gar nicht leisten können oder wollen.

Aber große Gesellschaften haben doch auch ihre Methoden, um tief in die Bilanzen einzusteigen … ?

Wirth … und da beginnt der Unterschied. Die sogenannten Methoden ähneln oft nur Musterbögen, weil die Zeilen und Spalten so schön mit quantitativen Ansätzen zu verarbeiten sind. Sektor-Rotation funktioniert so. Letztlich bleiben Sie damit aber als Analyst auf einer unkritischen Ebene. Sich die Zahlen genau anzuschauen ist selbstverständlich wichtig, für uns aber nur eine Art Vorprüfung. Spannend sind doch nur die künftigen Aussichten. Und da verlassen wir die starren Schemata der klassischen Aktienanalyse, gehen nicht allein tiefer in die Details der Zahlen, sondern und vor allem tiefer in solche Fragen wie: Wie kann ein Unternehmen künftig in den Märkten bestehen? Welche Kundenbedürfnisse adressiert das Unternehmen mit seinen Produkten und Innovationen? Wie zufrieden sind die Kunden mit einem Unternehmen? Wie sieht die Wettbewerbslandschaft aus? Wie ehrlich, klug und offen ist das Management? Werden die Pläne konsequent umgesetzt? Ist ein Unternehmen kostenbewusst? Welche versteckten Werte gibt es?

Ihre Fonds lagen zuletzt etwas schwer im Wasser. Sind Ihre Qualitätsfilter noch lohnend eingestellt?

Wirth Als Vorstände und Mitarbeiter der FPM sind wir alle selbst in unsere Fonds investiert. Obendrein sind die Einkünfte über die reinen Verwaltungskosten hinaus fast vollständig davon abhängig, dass wir den Menschen oder Institutionen, die uns ihr Vertrauen schenken, ein absolut positives Ergebnis bringen. Bei uns kommt erst der Erfolg, dann das Honorar – nicht umgekehrt. Hätten wir Zweifel an unseren Qualitätsfiltern, würden wir also sofort etwas ändern.

2018/19 blieben Ihre Ergebnisse hinter dem allgemeinen Markt zurück. Wie erklären Sie das Ihren Investoren?

Wirth Grundsätzlich gilt: Würden wir einfach mit den Märkten mitschwimmen, bräuchte uns niemand. Viel erklärungsbedürftiger ist, wenn Fonds mit überdurchschnittlichen Management-Fees das Kapital der Anleger einfach dem Markt ausliefern. Denken Sie daran: Unsere Ergebnisse lagen deshalb so oft im absoluten Spitzenbereich, weil wir eben nicht einfach mitschwimmen, sondern uns abweichende Meinungen erarbeiten – wie gesagt, durch viel tiefer gehende Recherchen. Wenn wir jetzt über einige Monate schlechter liegen als Benchmark-nähere Fonds, entspricht dies der Logik, nicht einfach dem Markt nachzueifern.

Die Frankfurt Performance Management AG versteht sich als Value-Investor. Ihr Credo ist: Wir suchen nach unterbewerteten Unternehmen, deren Geschäftsmodell wir verstehen und deren Management wir einschätzen können.

Sie investieren demnach eigensinnig?

Wirth Ja, denn wir wollen eine langfristig robuste Wertsteigerung erzielen und beharren deshalb auf den Prinzipien des Value-Investings, auch wenn der Markt die inhärente Qualität von Unternehmen nicht immer sofort sieht, wenn wir sie sehen. Unter Value-Investing verstehen wir, dass die nachhaltige Bewertung die dominierende Rolle spielt, nicht die kurzfristige Gewinnentwicklung, die Branchenzugehörigkeit, Stabilität oder Volatilität der Ergebnisse oder andere Aspekte, die aber Determinanten des Wertes sind.

Spielt die allgemeine Marktsituation für FPM keine Rolle?

Wirth Theoretisch ja, allerdings nur insofern, als dass wir bei einer Extremsituation nicht von einer unbegrenzten Fortsetzung dieser Situation ausgehen, sondern im Lauf der Zeit eine Normalisierung unterstellen. Die Entwicklung von Währungen, Zinsen oder anderen Aspekten ist ja durchaus wichtig für den Erfolg der Unternehmen, allerdings aber kaum prognostizierbar, wie die Vergangenheit gezeigt hat und somit für eine Entscheidung, in ein bestimmtes Unternehmen zu investieren, keine verlässliche Basis. Auf keinen Fall kleben wir an den täglichen Zuckungen der Kurse. Wir verwalten rund 200 Millionen Euro in unseren Fonds, da ist kurzfristiges Trading keine vernünftige Option.

Und wie beurteilen Sie die derzeitige Situation?

Wirth Die Märkte segmentieren sich gerade stark entlang einer gefühlten Einstufung als „sicher“ versus „unsicher“. Die Bereitschaft, Risiken einzugehen, ist sehr überschaubar. Um zu vermeiden, in Unternehmen zu investieren, deren Geschäfte nicht wie vom Lineal gezogen verlaufen, zahlen Investoren bereitwillig sehr hohe Preise für – gefühlte oder tatsächliche – Sicherheit. Dieser Trend startete mit der Finanzkrise und wurde seitdem immer dominanter, abzulesen auch an den langfristigen Zinsen, die das nominale Wachstum schon lange nicht mehr abbilden. Das sehen wir als Chance, denn es wird der entscheidende Aspekt übersehen: der individuelle Wert des Unternehmens.

Sie  bleiben dem  Kerngedanken  des  Value-Investings treu?

Wirth Ja. Und wir sehen derzeit teilweise dramatische Bewertungsdiskrepanzen. Vermeintlich „sichere“ Geschäftsmodelle sind überteuert, vermeintlich „unsichere“ werden zu Billigkursen verschleudert, obwohl es sich im Kern um absolut gesunde und gut aufgestellte Firmen handelt. Um das zu vermeiden, braucht man ein möglichst umfassendes Verständnis eines Unternehmens. Man muss die Risiken verstehen, denen ein Unternehmen ausgesetzt ist, und sie bewerten statt einfach zu sagen: Darüber will ich mir gar keine Gedanken mehr machen. Mit der Strategie müssen wir in Kauf nehmen, zeitweise von der Marktentwicklung abgehängt zu werden: Wo ein Wendepunkt in der Risikowahrnehmung liegt, wird erst im Nachhinein klar werden. In der Vergangenheit haben unsere Fonds in solchen Situationen immer sehr stark profitiert: Irgendwann sind die Bewertungsdiskrepanzen so stark überspannt, dass sie wie ein Gummiband zurück in die Normalität springen.

Ihre Fonds halten nur deutsche, keine europäischen Aktien?

Wirth Richtig, unser Universum ist deutschsprachig.

Ist das nicht etwas altbacken, nachdem der europäische Wirtschaftsraum sich immer enger verzahnt?

Wirth Nein, Spezialisierung ist nicht altbacken, sondern ein relevantes Produkt für vermögende Kunden, Family Offices und Institutionelle. Wer etwa sagt: Ich möchte 15 Prozent in deutsche Aktien investieren, wird dafür nach dem besten Spezialisten schauen. Dass wir uns fokussiert mit deutschen Aktien befassen, ergibt sich dann mit einer gewissen Zwangsläufigkeit aus unserer Überzeugung, dass qualitative Selektion langfristig stabilere Ergebnisse liefert und Tiefenrecherche im Heimatmarkt einfach besser geht. Genau deshalb war zum Beispiel der Norwegische Staatsfonds für sieben Jahre unser Kunde. Auch Partner in Frankreich sehen uns als einen der Kompetenzführer in deutschen Aktien.

Wichtigstes Auswahlkriterium ist die Diskrepanz zwischen dem derzeitigen Marktwert des Unternehmens und seinem nachhaltigen Wert – und nicht, zu welcher Anlage-Kategorie es gehört: FPM investiert unabhängig von Größe, Indizes oder Branchen.

Wie sehen Sie die Zukunft Ihres Modells, wenn die Digitalisierung der Geldanlage sich weiter verstärkt?

Wirth Es stellt sich immer die Frage, ob Sie Ihre finanzielle Existenz einem Trading­System anvertrauen wollen, das immer unterstellt, dass die Märkte richtig bewertet sind. Vielleicht wollen Sie aber Ihr Vermögen gut, solide, kompetent und gezielt durch jemandem anlegen lassen, der sich mit Ihren Anlagezielen persönlich identifiziert, weil beide Seiten Schulter an Schulter investieren. Die Digitalisierung hat zu einem guten Teil dazu beigetragen, dass die immer gleichen Aktien immer teurer wurden: Schließlich verwenden viele Systeme ähnliche Parameter.

Was ist für Sie daran so bedrohlich?

Wirth Dass es nur so lange gut geht, bis es eben nicht mehr gut geht. Sprich: Wenn die Bewertung keine Knautschzone mehr für den Fall bietet, dass sich einmal ein Unternehmen nicht ganz so gut entwickelt wie erwartet, und das ist noch in der Geschichte fast eines jeden Unternehmens einmal vorgekommen.  Wenn  Marktteilnehmer  heute  unterstellen, dass es in den nächsten 50 Jahren keine Inflation mehr gibt, und dass sich bestimmte Unternehmen immer entlang der Trends der letzten fünf oder zehn Jahre entwickeln, dann sollte man einmal auf die Veränderungen der letzten 50 Jahre schauen, die allgemein als stabil angesehen wurden. Damit sollte sich eine gewisse Demut sowie eine Skepsis gegenüber allzu weit laufenden Prognosen einstellen.

Aber Computer handeln doch emotionslos?

Wirth Emotionslos heißt noch nicht, dass jemand rationaler und vernünftiger anlegt. Computer können völlig emotionslos Ihr Geld auf null fahren, da haben die keinen Schmerz. Im Übrigen, was wir heute sehen ist, dass Robo­Trading eher Geld aufreibt als vermehrt, auch weil die Kunden in Extremsituationen wieder allein auf sich gestellt sind und dann eben doch emotional entscheiden, frei von jedem Parameter. Und die automatisierte Allokation auf Standardprodukte prickelt nach meiner Kenntnis auch nicht so richtig. Insofern glaube ich, egal was noch kommen mag, der Markt benötigt Produkte wie unsere Fonds zumindest zur Ergänzung und Stabilisierung.

Sie sehen sich und FPM also keinesfalls im Hintertreffen?

Wirth Nein. Hands­on­Management ist immer im Vorteil, außergewöhnliche Chancen zu entdecken, die in Standard­Daten kein Algorithmus der Welt sehen kann. Vielleicht haben wir es künftig sogar leichter, je mehr andere auf die Durchdigitalisierung der Entscheidungskette setzen. Optimal wäre, wenn wir der letzte Stockpicker in einer Welt von Indexfonds wären. Dann könnten wir noch in aller Gemütsruhe ein abgestürztes Unternehmen verkaufen, das bereits pleite aber noch in einem Index vertreten ist.

Interview FCR-Immobilien

In einer Welt, in der so gut wie alle Lebensbereiche digital werden, sollte gerade die Vermögensplanung nicht stiefmütterlich hinterherhinken. Es ist Zeit, Geld neu zu bewerten und auch seine Finanzen zeitgemäß aufzustellen.

2019-10-30T10:46:45+01:00
Nach oben