• Kernwährung Vertrauen
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Kernwährung Vertrauen

Unternehmer sollten nicht mehr allein auf Darlehen ihrer Hausbank setzen, sondern sich die Möglichkeit eröffnen, flexibel an die Kapitalmärkte gehen zu können.

Gespräche zwischen Bankern in Europa kommen heute schnell auf ein Thema: Basel IV. Dahinter verbirgt sich eine weitere Verschärfung der Bankenregulierung, als ob diese nicht schon streng genug wäre. Ziel ist, die Kreditwirtschaft widerstandsfähiger gegen Finanzkrisen zu machen. Doch zugleich haben diese neuen Regeln direkte Auswirkungen auf die künftige Finanzierung des Mittelstands. So ist eine weitere Anhebung des erforderlichen Eigenkapitals geplant, mit dem die Banken Finanzierungen, die sie gewähren, unterlegen müssen. Auch langjährige Firmenkunden werden vielfach nicht mehr Darlehen in der gewünschten Höhe erhalten.

Die Deutsche Kreditwirtschaft schlägt Alarm

„Vor allem die Regeln zur ge­ werblichen Immobilienfinanzierung gefährdeten die Kreditvergabe an den deutschen Mittelstand. Christian Ossig ist sich sicher: „Basel IV wird die Immobilienfinanzierung teils erheblich verteuern.“ Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) würde es schwerer, eine gute Finanzierung zu erhalten. Wie der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, der derzeit auch Federführer der Deutschen Kreditwirtschaft ist, zu dieser Annahme kommt, lassen einige Vorschläge der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) erkennen: So soll der Mittelstandsfaktor, auch KMU-Faktor genannt, gestrichen werden, in dem bislang der europäische Mittelstand berücksichtigt worden ist. Bisher erlaubt dieser eine reduzierte Eigenkapitalunterlegung auch bei KMU-Immobilienfinanzierungen. Durch den Wegfall reduzieren die Banken möglicherweise ihre Kredithöhe. „Die Firmen müssen in der Folge gegebenenfalls mehr alternative Finanzierer auf dem Kapitalmarkt finden“, so Ossig in der „Immobilien Zeitung“.

Öffentliche Banken warnen vor einer Kreditverknappung

Der VÖB Verband Öffentlicher Banken kommt in einer quantitativen Untersuchung 2018 zum Ergebnis, dass „ein Anstieg der risikogewichteten Assets (RWA-Anstieg) von 23 Prozent durch die Basel­IV-Umsetzung ausgelöst wird, so­ mit weit über den von der EBA berechneten Anstiegen liegt und damit nach VÖB mehr als signifikant ist!“ Viele Einzelheiten zu Basel IV werden noch diskutiert, und nicht alle Maß­ nahmen werden zwangsweise so hart ausfallen, wie sie jetzt im Raum stehen. Doch auch wenn Unternehmer ein gutes Verhältnis zu ihrer Hausbank haben und auf ein gutes Rating verweisen können, wird ihr Banker eine Finanzierung unter Umständen auch dann nicht mehr durchführen können, wenn er es gerne täte.

Bankenpräsident Hans-Walter Peters warnte jüngst, durch Basel IV werde die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen und deutschen Banken erheblich eingeschränkt. „Die Banken brauchen das Geld eigentlich dringend für Zukunftsaufgaben, um etwa in Restrukturierung und Digitalisierung investieren zu können“, wird er in einem Artikel von Handelsblatt Online vom 28. Juli 2019 zitiert. Von einer Ausweitung der Kreditvergabe, falls Basel IV weniger streng ausfällt, sprach der Bankenpräsident allerdings nicht.

Rechtzeitig alternative Finanzierungen anbahnen

Unternehmerisches Handeln gebietet mehr denn je, sich rechtzeitig mit künftigen Möglichkeiten der Kapitalversorgung auseinanderzusetzen und sich den Zugang zu alternativen Finanzierungsquellen für Eigen- oder Fremdkapital zu erschließen. Der Mittelstand muss in seiner Finanzierung flexibler werden und sich auch über die Kapitalmärkte finanzieren können. Diese werden aus Sicht der mwb Wertpapierhandelsbank im Finanzierungsmix gerade bei der langfristigen Finanzierung eine bedeutende Rolle spielen. Denn der erfolgreiche Nachweis der Kapitalmarktfähigkeit stärkt auch das Standing bei Banken und schafft Spielräume, auch kurzfristige Darlehen und die Exportfinanzierung weiterhin über die Institute abwickeln zu können.

An den Kapitalmärkten gibt es jedoch nur eine harte Währung: Vertrauen. Dieses darf man nicht erst aufbauen, wenn die Liquidität schon angespannt ist, sondern bereits dann, wenn es durchaus auch noch andere Alternativen gäbe. Beispiel Mittelstandsanleihen: Etliche Emissionen sind gescheitert, weil die Emittenten der ersten Generation den Kapitalmarkt als Weg der letzten Hoffnung sahen und ihn viel zu spät einschlugen. Aber es gab auch sehr erfolgreiche Emissionen. Deren Emittenten haben mit großem Aufwand in ihre langfristige Positionierung am Kapitalmarkt investiert. Viele haben nun schon erfolgreich ihre zweite oder dritte Anleihe herausgebracht. Die geleistete Vorarbeit wird vom Markt dadurch belohnt, dass sie bei den Folgeaktivitäten auf die Bekanntheit aufsetzen können. Sie müssen häufig einen niedrigeren Zinskupon bieten als beim ersten Auftritt. Die mwb Wertpapierhandelsbank empfiehlt daher häufig, schon dann den Gang an den Kapitalmarkt zu wagen, wenn der Kapitalbedarf noch nicht zu groß geworden ist. Investoren wollen nicht Finanzlöcher stopfen, sondern in den Erfolg des Unternehmens investieren.

Auch Mittelständlern bietet der Kapitalmarkt Chancen

Unternehmer sollten sich dem Gedanken öffnen, einen Teil ihres Kapitals über den Aktienmarkt zu akquirieren. Viele fürchten, dass sie dann die Kontrolle über ihre Firma abgeben und sie sich den Unwägbarkeiten des Kapitalmarktes aussetzen. Diese Furcht halten die Experten der mwb Wertpapierhandelsbank für unbegründet, wenn man den Börsengang als den Beginn eines Dialogs mit den Kapitalmarktakteuren begreift. Auch am Aktienmarkt gilt, was für den Anleihemarkt richtig ist: Emittenten, die Vertrauen zu ihren Investoren aufbauen und mit diesen regelmäßig und transparent kommunizieren, werden belohnt, auch wenn ihre Firma einmal durch eine schwierige Phase gehen sollte. Die Erfahrung zeigt, dass der Gang an den Kapitalmarkt die Reputation eines Unternehmens erhöht. Das hilft gerade auch in den Verhandlungen mit den Banken. Die Transparenz, die eine Börsennotiz schafft, ist ein Argument von Gewicht. Eine Notierung erleichtert auch dem Banker die Bewertung der Kreditwürdigkeit seines Kunden und schafft Vertrauen. Öffnet sich ein Unternehmer den Kapitalmärkten, so öffnet sich ihm eine Vielzahl neuer Kapitalmarktinstrumente, die ihm sonst nicht zugänglich wären. Diese Freiheit wird in Zukunft unbezahlbar sein.

Kai Jordan, mwb-Bereichsvorstand Corporates & Markets

Kommunikation heißt Brücken schlagen

Transparente und vollständige Informationen sind für die Auswahl und laufende Überprüfung von Mittelstands-Investments das A & O. Das erste Ziel ist es, Interesse wecken. Eine Herausforderung für mittelständische Unternehmen und Intermediäre wie den Anleihen Finder.

2019-10-30T10:45:01+01:00
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